Asperger und ich

Was ist denn bitte das Asperger Syndrom??

Als Asperger-Syndrom wird eine tiefgreifende Entwicklungsstörung innerhalb des Autismusspektrums bezeichnet, die vor allem durch Schwächen in den Bereichen der sozialen Interaktion und Kommunikation gekennzeichnet ist sowie von eingeschränkten und stereotypenAktivitäten und Interessen bestimmt wird. Beeinträchtigt ist vor allem die Fähigkeit, nonverbale und parasprachliche Signale bei anderen Personen intuitiv zu erkennen und intuitiv selbst auszusenden. Das Kontakt- und Kommunikationsverhalten von Asperger-Autisten erscheint dadurch „merkwürdig“ und ungeschickt und wie eine milde Variante des frühkindlichen Autismus (Kanner-Syndrom). Da ihre Intelligenz in den meisten Fällen normal ausgeprägt ist, werden sie von ihrer Umwelt jedoch nicht als Autisten, sondern höchstens als „wunderlich“ wahrgenommen. Gelegentlich fällt das Asperger-Syndrom mit einer Hoch- oder Inselbegabung zusammen. Das Syndrom, das als angeboren und nicht heilbar angesehen wird, macht sich etwa vom vierten Lebensjahr an bemerkbar. (http://de.wikipedia.org/wiki/Asperger-Syndrom)


Asperger und ich

Ich bin vor einigen Jahren, mit Mitte 20, auf das Asperger Syndrom gestoßen, und es war wie eine Erleuchtung! Genauso bin ich auch!!!
Viele Aspies werden ein Leben lang nicht diagnostiziert, und die Diagnose an sich ist auch nicht so einfach. Nachdem ich diese vielen Übereinstimmungen bei mir festgestellt hatte, bin ich zu einem Psychologen gegangen und habe gesagt, ich möchte mich auf Asperger Syndrom testen lassen. Ich hab ihm alles aufgezählt, was meiner Meinung nach dafür spricht.
Er hat dann eine Reihe Tests gemacht, einen IQ-Test (der aber nur ein paar Allgemeinwissen-Fragen enthielt), ein paar Reaktionstests und Aufmerksamkeitstests. Am Ende meinte er, Asperger Syndrom sei unwahrscheinlich bei mir.
Kurz: Ich habe keine offizielle Diagnose. Ich weiß aber auch, a) dass es schwierig ist, eine Diagnose zu bekommen, weil es nicht so viele Spezialisten zu dem Thema gibt und b) dass ich inzwischen auch viele starke Asperger-Symptome abgelegt habe.
Für mich ist es auch ziemlich egal. Ich fühle mich dem Asperger-Kreis zugehörig, obwohl ich heutzutage weitaus weniger Aspie bin als früher. Da ich einen Zusammenhang zwischen Schwermetallvergiftung und Autismus/Asperger sehe, könnte das vielleicht daran liegen, dass ich einiges an Entgiftungen bereits hinter mir habe.
Kann man Autismus entgiften? Auch darüber schreibe ich in diesem Blog, in der Rubrik Asperger/Autismus.

Und wie äußert sich das???

Meine Symptome jedenfalls, in unwillkürlicher Reihenfolge:
* Schwierigkeit, Augenkontakt zu halten (inzwischen vieeel besser, aber es fällt mir teilweise selbst in der Familie schwer. Besonders Menschen, die ich nicht mag, kann ich nicht in die Augen sehen). Auf der Straße schaue ich selten die Leute an (ein Autist hatte das mal so beschrieben: "Beim Autofahren sehe ich die Menschen um mich herum nicht. Das sind für mich nur Pfosten, die sich bewegen" - äußerst treffend). Meine Großeltern haben auch immer gesagt, dass ich als Kind immer mit dem Kopf nach unten durch die Gegend gelaufen bin
*Nicht mit Gleichaltrigen interagieren wollen (ich wollte immer mit älteren spielen, und meine späteren Beziehungen/Affairen konzentrierten sich auch oft auf ältere Partner)
* Motorische Schwierigkeiten (ich lernte sehr spät das Schaukeln oder Fahrrad zu fahren. Oft hab ich mich einfach mit dem Fahrrad umfallen lassen. Noch mit 24 hatte ich einen Fahrradunfall aufgrund mangelnder Koordinationsfähigkeit. Autofahren ist auch äußerst schwierig für mich)
*Meine Familie sagt immer wieder, ich wäre als Kind extrem ruhig gewesen
*Meine Oma erzählte die Geschichte, dass ich mir beim ersten Schnee gleich alles von den Schuhen geputzt habe (Nichts durfte schmutzig werden)
*Auf Kinderfotos sehe ich oft mit leerem Blick vor mich hin (besonders im Vergleich zu meiner Schwester)
*Auf Schulfotos hab ich den Kopf immer schief gehalten und wirke extrem verlegen
*Ich war allgemein extrem schüchtern (Wobei: Eigentlich sind Aspies nicht schüchtern. Sie haben nur keine Ahnung, wie man in sozialen Situationen agiert)
*Kommunikation fiel mir extrem schwer. Ich wusste nie, was ich sagen sollte, ich langweilte mich bei "normalen" Konversationen/Small Talk. Die Themen interessierten mich einfach null.Ich wusste nicht, was man von mir erwartete. Ich habe nie was im Unterricht gesagt, weil es mich alles so langweilte und ich nicht den Sinn der ganzen Sache verstand. Oder ich feilte minutenlang an der perfekten Antwort auf die Frage, aber dann war der Moment natürlich schon vorbei (das geht mir heute noch oft so, das Vorformulieren im Kopf, und dadurch den Moment zu antworten verpassen. Das, was andere instinktiv oder gerne machen, wie z.B. Small Talk halten oder allgemein sozial interagieren, muss ich schauspielern). Meine schriftlichen durchaus guten Noten wurden durch meine mündliche Verweigerung natürlich immer gnadenlos runtergerissen. Ich fühlte mich wie gelähmt, wenn ich im Klassenzimmer saß, mit all den anderen Kindern, die munter miteinander agierten, ich wusste nicht, wie ich mich verhalten soll, saß steif und blickte nur geradeaus.
*Einige körperliche Symptome, die ich habe scheinen auch häufiger bei Autismus vorzukommen, wie größerer Kopfumfang bei der Geburt, geschwollene rote Wangen
*Ich brauche Rückzugsraum, Zeit für mich alleine. Ich gehe abends nicht aus, ich habe wenig Freunde. Freunde sind "anstrengend" für mich, so seltsam das klingt und so gerne ich sie mag. Aber mit ihnen interagieren ist schwer für mich, außer wenn ich sie wirklich sehr lang und gut kenne. In Gruppen bin ich verloren. Ich kann mich nicht auf Gespräche konzentrieren, wenn innerhalb einer größeren Gruppe gesprochen wird. Ich verstumme auch immer mehr, je mehr Leute zusammen sind. Ich höre zu, beobachte, ich versuche zu reagieren - aber ich agiere nie.
*Ich hasse telefonieren. Ernsthaft. Ruf mich an, ich geh meist nicht ran.
*Schwierigkeit mich auf mehrere Dinge gleichzeitig zu konzentrieren. Man sollte mich nicht ansprechen, wenn ich versuche, einen Text zu verfassen.
*Es macht mich extrem nervös und unwohl, wenn ich zu spät komme oder etwas nicht nach Plan läuft. Ich komme nicht pünktlich zu Verabredungen. Ich komme immer zu früh.
*Als Kind hatte ich meine Rituale, z.B. um genau 7:16 loszugehen, um vor dem Unterricht eine Runde um das Gebäude zu machen mit Stop am Wetterhäuschen.
*Ich zeigte kaum Gestik oder Mimik (was dann auch so schön in meinen Zeugnissen stand. Ich ging auch "auf niemanden außer langjährigen Mitschülerinnen zu"). Manchmal sah ich mich in einem Spiegel, wenn ich unterwegs war, und erschrak über mein ausdrucksloses Gesicht.
*Ballspiele waren der Horror für mich. Ich konnte nie abschätzen wo der Ball landen würde, und hatte Angst, dass er mich trifft (in einem youtube-Video habe ich einen Jungen gesehen, der nach B12-Spritzen wahnsinnige Verbesserungen in der Motorik hatte und den Ball mit den Augen fixieren konnte beim Dribbeln)
*Obsessives Verhalten bei den Themen, die mich interessieren, und die Sortierung/Organisierung der Informationen (eine Zeitlang las ich alles über Buddhismus, legte Informationsbücher an mit allem, was ich darüber finden konnte. Dieser Blog ist eine Zusammenfassung meiner Obsession über Ernährung, Amalgam, Anorexia, Ernährung. Was ich mache, mache ich ganz oder gar nicht).
*Ich schreibe allgemein wahnsinnig gerne Listen. Zum Beispiel schreibe ich alle Filme auf, die ich je gesehen habe. Oder alle Schauspieler, die mir gerad einfallen. Ich glaube, sowas beruhigt mich einfach. Ich kann das immer wieder machen.
*Teilweise fällt es mir auch schwer, mir Gesichter zu merken
*Einige Autisten/Asperger sind hochbegabt. Eine außergewöhnliche Fähigkeit konnte ich bei mir leider nie feststellen (mein Gedächtnis zum Beispiel ist furchtbar). Begabte Asperger werden von der Gesellschaft bewundert, nichtbegabte sind eher die seltsamen typen, die stumm im Raum sitzen. Obwohl: bei logischen Aufgaben bin ich echt gut. Logische Rätsel im Unterricht löste ich als erstes. Bei Büchern mit IQ-Test-Aufgaben erreichte ich hohe Punktzahlen.
*Empfindlichkeit gegenüber Licht, Lärm, Menschenmassen, Hektik. Stadtleben ist nichts für mich.
*eher egozentrisches Verhalten. Teilen, grüßen etc., ich denke oft einfach nicht dran.
*altklug reden, wie ein Professor,mit seltsamer Betonung (laut meinen Großeltern)

Früher habe ich sehr gelitten darunter, dass ich nicht so sein konnte wie die anderen, nicht sozial interagieren konnte, nie wusste, wie ich mich verhalten sollte.
Heute geht es mir gut damit. Ich weiß, warum ich anders bin, ich verstelle mich nicht mehr. Ich habe gelernt, soweit zu schauspielern, dass ich ohne Probleme und allzu großen Stress durch den Alltag komme und mit Menschen agieren kann. Dingen, die ich nicht mag wie Small Talk oder Parties, versuche ich aus dem Weg zu gehen. Ich bin ehrlich, ich sage, dass ich telefonieren hasse und lieber Emails schreibe. Ich stehe zu mir.
Ich bin wahnsinnig unabhängig. Ich brauche niemanden, um glücklich zu sein.



1 Kommentar:

  1. Hallo Unbekannte,
    es tut gut, sich diesen Blog durchzulesen. Ich erkenne mich in vielen Punkten wieder, hatte auch lange mit den Problemen zu kämpfen, bis ich so langsam immer mehr schauspielern konnte, um von anderen so halbwegs akzeptiert zu werden. Hab auch schon überlegt, ob ich zu einem Asperger-Spezialisten gehen soll und mich dort diagnostizieren lasse, aber andererseits frage ich mich, was mir das bringen soll. Kostenlose Kurse, um besser schauspielern zu können? Einen Nachweis über psychische Probleme, damit man dann von anderen wie ein Behinderter behandelt wird? Das will ich beides nicht wirklich. Mal abgesehen davon, dass man mit dem Therapeuten auch Gespräche über alles mögliche führen müsste, was mich irgendwie abschreckt.

    Es ist aber irgendwie befreiend, zu sehen, dass man nicht der Einzige ist, der Probleme mit anderen Menschen hat. Ich bin übrigens wegen dem Bild mit dem Satz "My first instinct when I see an animal is to say "hello"." über deine Seite gestolpert. Das trifft es sehr gut. Ich hatte in meiner schwierigsten Zeit auch einen Hund, der wahrscheinlich der Hauptgrund ist, warum ich noch lebe. Tiere können einem viel mehr Liebe geben, als Menschen es je könnten. Menschen versuchen, immer mehr "zivilisiert" zu werden, immer mehr bewusste Entscheidungen zu treffen, anstatt ihrer Natur freien Lauf zu lassen.

    Ich bin froh, dass ich deine Seite gesehen hab. Mach dir noch einen schönen Tag.

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